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Der Genion TestWie man Kunden wirksam abschreckt
 
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KommDesign.de — Galerie — schlechter e-Commerce

Der Elchtest
 
Ich brauche ein neues Notebook. Das alte hat schon einige Jahre auf dem Buckel, was man an der abblätternden Lackierung merkt, und außerdem macht es merkwürdige Geräusche, brrllmmsssbbrrll - etwa so wie ein brünftiger Waschbär (zumindet stelle ich mir das, was ein brünftiger Waschbär macht, so vor). Ich brauche also ein neues. Nur woher nehmen? Von Dell habe ich viel Gutes gehört, und außerdem weiss ich, dass dieses Unternehmen geradezu vorbildliche eCommerce-Aktivitäten unterhält. Also tippe ich "www.dell.de" in den Browser: Auf zu Dell!

Schön übersichtlich ist die Seite - und in Windeseile geladen. In dem Drop-Down Menü links oben ist auch schon das richtige Land eingestellt, so dass ich jetzt nur noch auf "weiter" klicken muss, um in den deutschsprachigen Sektor zu gelangen, um ein schönes Notebook zu kaufen. (Ist ja merkwürdig, dass man gleich nebenan die Wahl zwischen Privatanwendern, Firmen- und Großkunden hat, aber immer schön der Reihe nach, erst also mal zu Dell Deutschland).

 
Startseite Dell
(Screenshots vom 01.09.2000)

Ein Klick auf "weiter" führt mich zu folgender Seite: 

Startseite Dell
 
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Nun bin ich also auf "Dell Deutschland" gelandet, und dieser Ort ähnelt irgendwie zum Verwechseln der Seite, von der ich mich nach "Dell Deutschland" aufgemacht habe, finden Sie nicht auch? Ja, und wenn ich nicht wüßte, dass es genau die gleiche Seite ist, würde ich sagen: Die Dinger sehen sich aber zum Verwechseln ähnlich. Also: Ich war schon längst auf Dell Deutschland, ich Tölpel! Naja, manche begreifen es gleich, andere brauchen länger, und damit sie das auch merken, ist es ganz in Ordnung, sie ein, zwei oder auch drei Mal auf einen dämlichen Button klicken zu lassen - tut ja nicht weh. 

 
Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, bei mir bewirkt ja solcher Design-Quark immer, dass ich irritiert werde. Und Irritation verträgt sich schlecht mit dem Ausgeben von Geld für Notebooks. Prompt wird dann auch meine Aufmerksamkeit unwiderstehlich von dem Slogan "We Know How E Works" angezogen. Die wissen, was es mit dem verdammten "E" auf sich hat? Ich nicht. Das muß ich sehen / lesen / hören oder was auch immer. 

Also klicke ich auf das Link und lese...

 
 
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...was Dell für mein Internet Geschäft tun kann. Herr Dell zwingt sein kursives Augenmerk auf die IT-Infrastruktur. Lesen Sie ruhig einmal den Text unter der der Überschrift "Was kann Dell für Ihr Internet etcpp.". Sie werden ganz neue Einsichten gewinnen. 

Richtig, Mischa, zeig's ihnen! Und da - in der linken Navigationsspalte - steht dann auch: "Hier finden sie Ihre Lösungen nach Maß!"

Schön! Vielleicht finde ich da nicht nur eine Lösung, sondern sogar ein Notebook? Also: Klick!

 
Startseite Dell
Jetzt  bin ich also dort, wo ich meine Lösung nach Maß finde, und dieser Ort ähnelt zum Verwechseln der Seite, von der ich vorher gestartet bin. Wenn ich nicht wüßte, dass es genau die gleiche Seite ist, würde ich sagen: Die Dinger sehen sich aber zum Verwechseln ähnlich (...Moment, hatten wir das nicht schon einmal?). Nun bin ich ein gebildeter Mensch und ärgere mich eigentlich gerne gepflegt, in wohlgeformten Sätzen. Hier rutscht mir allerdings doch ein spontanes und unakademisches aarggh! heraus, ich kann's einfach nicht unterdrücken.

Der aufgeklärte Power-Surfer wird nun vielleicht sagen: "Warum hat denn der Trottel nicht gleich auf 'Firmenkunden' geklickt? Dann wäre doch alles gut gegangen." Natürlich haben sie Recht. Die Wörter "hätte", "wäre" und "könnte" sind für jemanden, der benutzerfreundliches Design macht, unverzichtbar  - und deshalb gibt es auch Autounfälle oder Schiffe bzw. Flugzeuge, die wegen menschlichen Versagens untergehen bzw. abstürzen, nur im Märchen. 

Aber, lieber Herr Dell, haben Sie schon einmal etwas von dem "Elchtest" gehört? Das war eine interessante Geschichte. Ein Autokonzern, dessen Namen hier keine Rolle spielt (zumal ihn ohnehin jeder kennt), mußte für viele Millionen Mark eine ganze Produktserie umbauen und nachrüsten. Warum? Weil irgendein Schwede so teuflisch geschickt mit dem Lenkrad schlenkern konnte, dass die Dinger einfach hingeplumpst sind. Außer ihm hätten das nur 0,01% der Kunden geschafft, selbst wenn sie es versucht hätten, aber: Ein Auto ist eine ernste Sache (Elche übrigens auch), und da konnte man nicht anders als nachzubessern. Der Kunde ist König - und das Image natürlich auch.

Aber leider ist das im Internet ganz eindeutig anders. Da baut man Produkte, die schon umpurzeln, wenn irgendwo ein klitzekleines Elchbaby hustet, und niemand - außer den Kunden - stört sich daran. Und die Bilanz:

E doesn't work... 

 

 
 
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© Dr. Thomas Wirth Kommunikationsdesign - eMail: thomas.wirth@kommdesign.de
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