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KommDesign.de — Galerie — schlechte Kommunikation

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Kennen Sie das auch? Natürlich: Man klickt auf ein Link zu einer Website und gleich auf der ersten Seite an hervorgehobener Position findet sich eine lehrreiche Meldung, die uns mitteilt, daß man diese Seiten am besten mit einem Internet Explorer (oder Netscape Navigator) in der Version 3 (oder 4) betrachtet und daß sie außerdem für eine Bildschirmauflösung von 1024 x 768 (oder 800 x 600) optimiert sind.

Wenn man es besonders gut meint, legt man dann noch ein Link, auf dem man den "richtigen" Browser gleich herunterladen kann (ein Link zum Einstellen der "richtigen" Bildschirmauflösung geht ja leider nicht). Die erfreuten Besucher/innen tun dies natürlich auch gleich - schließlich wollen sie doch das Angebot optimal nutzen - und sind dann ca. eine Stunde damit beschäftigt sich durch Download-Areas zu klicken, um den "richtigen" Browser zu holen und zu installieren. Zwischendrin müssen sie halt ein bißchen warten, 20MB ihrer Festplatte für einen Internet Explorer oder Netscape Navigator verbrauchen, wahrscheinlich mehrmals die Verbindung trennen und ihr System neu starten - "Ähm - was wollte ich eigentlich?"

 

Hier ein besonders schönes Exemplar, das ich ironischerweise auf einer Website zum Thema GUI-Design (GUI = graphical user interface) gefunden habe:

ein Torwächter

Screenshot vom 23.04.99

 
Aber gut. Jetzt habe ich als Benutzer des "falschen" Browsers also drei Möglichkeiten:
  • Den richtigen Browser downloaden (nur: wollte ich das eigentlich? Bin ich hierhergekommen, um meinen Browser zu wechseln?). 
  • Den warnenden Torwächter zu ignorieren und die verborgenen (verbotenen) Schätze der Site anzuschauen, obwohl es "Fehler gibt" und das "Design nicht richtig angezeigt wird". Hmm, wie das wohl aussehen mag?
  • Auf die Back-Taste meines Browsers klicken.
Also, mir fällt da die Wahl nicht schwer.......
 
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Dem bisher unangefochtenen Rekordhalter in dieser Begrüßungstechnik bin ich auf der Website einer sehr prominenten Multimedia-Agentur begegnet. Diese begrüßte ihre Besucher/innen folgendermaßen:
 
Wir empfehlen Ihnen, unsere Site mit Netscape 3 und JavaScript 
bei einer Mindestauflösung von 800x600 zu betrachten 
und Ihre Schriftgröße auf 10 pt. einzustellen. 


Nehmen wir doch einmal spaßeshalber an, diese Meldung wäre wirklich wichtig (und das muss sie doch sein, sonst würde sie doch nicht gleich zu Beginn verkündet). Was müßte ein/e naiver Besucher/in dann tun? Hier einige Beispiele, wie der innere Monolog aussehen könnte, der durch diese Verlautbarung ausgelöst wird:

  • Ich habe einen Internet-Explorer 4.0 - kann ich die Seiten dann auch sehen, oder entgeht mir möglicherweise etwas?  
  • Was (zum Teufel) ist denn "Javascript" und woher weiß ich, ob das bei mir installiert ist?  Wie kann ich es installieren, wenn es nicht installiert ist? Will ich es überhaupt installieren? 
  • Welche Bildschirmauflösung habe ich denn? Wo kann ich das nachprüfen? Kann, soll, muß ich 800 x 600 haben oder geht es auch mit einer anderen? Muß man nicht den Rechner neu booten, wenn man die Auflösung verändert? 
  • Wie stelle ich die Schriftgröße auf 10 pt? Was ist, wenn ich sie nicht korrekt eingestellt ist? Muß ich sie für andere Seiten dann wieder zurückstellen? 
 
 
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Vielleicht kurz noch einmal zum letzten Punkt, der Schriftgröße: Man kann z.B. beim Netscape Navigator im Menue "Ansicht" zwar die Schrift vergrößern und verkleinern, eine präzise Angabe von 10 pt ist aber - jedenfalls bei mir - nur in den Voreinstellungen des Browsers möglich (was man übrigens auch erst einmal wissen muß). Da entscheide nun aber ich, was eingestellt wird, nicht die Damen und Herren einer Multimedia-Agentur. Da wirkt es dann fast schon ironisch, wenn auf der nächsten Seite verkündet wird:
 
Die Gestaltung dieser sensiblen Nahtstelle* und ihre ständige Optimierung zum Nutzen unserer Kunden, das ist für uns konstante Herausforderung und Antrieb. 
*(Mensch und Technik)


In der Summe ergibt sich eine höchst unvorteilhafte Botschaft: "Wenn Sie unser Informationsangebot nutzen möchten, können Sie das nicht 'einfach so'. Sie müssen zunächst einmal für die richtigen Voraussetzungen sorgen und sich unseren Erfordernissen anpassen, sonst sind Sie Kunde zweiter Klasse. Und das ist ihr Problem." Wirklich sensibel....... Dazu muß man sich noch einmal vor Augen halten: Was wirklich Schlimmes passiert, wenn man das "falsche" Equipment hat, ist: Die Seiten sehen vielleicht nicht ganz so aus, wie die Gestalter/innen es sich gewünscht haben, und sonst - gar nichts!

Ein Vergleich zum Schluß:  Was würden Sie von einem Auto halten, dessen Tür  mit der Aufschift versehen ist: "Dieses Fahrzeug ist optimiert für männliche Nichtraucher mit Schuhgröße 44"? Ich würde denken, daß der Hersteller nicht sensibel, sondern nicht ganz bei Trost ist.

 
 
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Dieser Artikel wurde publiziert am 01.05.1999, letzte Aktualisierung dieser Seite am
© 2003 - Dr. Thomas Wirth - eMail: thomas.wirth@kommdesign.de
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