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               Artikel 3 von 34 
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               KommDesign.de  Texte  Wahrnehmung  
                Gestaltpsychologie (2) 
              Geschlossenheit und gute Fortsetzung 
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                Das Gesetz der Geschlossenheit 
                  
                Das Gesetz der guten Fortsetzung  
                  
                Eine kurze Zwischenbilanz  
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             Das 
              Gesetz der Geschlossenheit  
               
                Dinge mit geschlossenem 
                  Umriss oder Elemente, die von einer Linie umfaßt sind, 
                  werden von unserer Wahrnehmung gruppiert, also als zusammengehörig 
                  aufgefaßt. Dinge, die durch Linien getrennt sind, wirken 
                  nicht zusammengehörig.  
               
                
               
                 
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                  Die Grafik zeigt wieder unsere 
                    10 Linien. Durch das paarweise Verbinden der Linien entstehen 
                    neue Einheiten, nämlich Rechtecke, die wir als Figuren 
                    vor dem weißen Hintergrund wahrnehmen. Die Rechtecke 
                    sind zwar offen bzw. durchsichtig, weil sie nicht ausgefüllt 
                    sind, trotzdem bilden sie geschlossene Einheiten.  | 
                 
               
              Das Gesetz der Geschlossenheit ist ein sehr wichtiges 
                Werkzeug, mit dem man Informationen ordnen, Zusammenhänge 
                deutlich machen und die Orientierung erleichtern kann. Im Screen- 
                und Webdesign spielt es deshalb eine grosse Rolle. Jeder Kasten, 
                jede Tabellenzelle und jeder Button wird von unserer Wahrnehmung 
                nach dem Gesetz der Geschlossenheit als Einheit erkannt. Umgekehrt 
                gilt: Wenn Dinge, die zusammengehören in unterschiedlichen 
                Kästen platziert oder durch Trennlinien abgegrenzt sind, 
                wird es den Benutzern fast unmöglich sein, sie gemeinsam 
                zu beachten. Dies gilt auch dann, wenn möglicherweise die 
                Distanz gering oder die Ähnlichkeit groß ist. 
               Wichtig ist, dass eine vollständige Geschlossenheit 
                nicht erforderlich ist, damit das Gesetz wirkt. Es genügt 
                bereits, wenn eine geschlossene Figur angedeutet wird. Unser Auge 
                ist sehr schnell bereit, unvollständige Formen zu ergänzen, 
                wie das folgende Beispiel zeigt.  
                 
               
                 
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                  Einer der eindrucksvollsten 
                    Belege dafür, dass unsere Wahrnehmung aus unvollständigen 
                    Teilinformationen (vor)schnell auf vollständige Figuren 
                    schlußfolgert, ist das Phänomen der "subjektiven 
                    Konturen". Die Abbildung links zeigt objektiv betrachtet 
                    weder ein (geschlossenes) Dreieck noch ein Quadrat. Das ändert 
                    nichts daran, dass unsere Wahrnehmung auf diese Figuren schlussfolgert. 
                    Auch dann, wenn wir genau wissen, dass es sich nur um eine 
                    Täuschung handelt, ist unser Auge hartnäckig der 
                    Meinung, es seien genügend Anzeichen für ein Dreieck 
                    oder ein Quadrat vorhanden, sodass es sich kurzerhand entschliesst, 
                    diese auch zu sehen. Man kann an diesem Phänomen erkennen, 
                    dass Wahrnehmen mitnichten ein passiver Projektionsvorgang 
                    ist.  | 
                 
               
              In der Praxis ist das Gesetz der Geschlossenheit 
                besonders interessant, wenn viele Informationen angezeigt werden 
                müssen, die sich auf mehrere Oberbegriffe oder Überschriften 
                verteilen. Das Setzen von Rahmen ist hier - neben dem Einfügen 
                von Abständen entsprechend dem Gesetz der Nähe - ein 
                ideales Stilmittel, um Ordnung zu schaffen und dem Benutzer ganz 
                zwanglos die Struktur oder Logik der Information anzuzeigen. 
               Hierzu zwei Beispiele aus dem Bereich der Anwendungs-Software. 
                Die folgenden Screenshots stammen aus den Einstellungsmenüs 
                des "Netscape Navigators" und dem "Dreamweaver" 
                HTML-Editor von Macromedia. 
                 
               
                 
                    
                       
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                  Netscape: 
                    Die logisch zusammengehörigen Optionen werden gruppiert 
                    und durch Kästen voneinander getrennt. Der Benutzer kann 
                    sehr schnell erkennen, was zusammengehört und was nicht. | 
                 
                 
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                  Dreamweaver: 
                    Die Optionen sind ebenfalls auf mehrere logische Gruppen verteilt. 
                    In der Gestaltung wird jedoch wenig unternommen, um dies für 
                    den Benutzer sichtbar zu machen. Die Gestaltung ist nicht 
                    so prägnant und verständlich wie im Beispiel oben. | 
                 
               
               
               Betrachten wir noch einige Beispiele aus 
                dem Web. Auf den folgenden Screenshots sind die Icons bzw. Links, 
                die auf der Website von T-Online zur Wettervorhersage führen, 
                in zwei Varianten zu sehen: 
                  
               
                 
                    
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                  ohne Rahmen: 
                    Die Zahlen, Buchstaben und Bildelemente schweben gewissermassen 
                    im luftleeren Raum. Die Begrenzungen der Links sind nicht 
                    erkennbar und die Distanzen zwischen den Gruppierungen sind 
                    nicht so groß, dass man ohne Mühe erkennen könnte, 
                    wo eines aufhört und das nächste beginnt. 
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                  mit Rahmen: 
                    Die Icons verändern ihren Charakter in Richtung auf Buttons. 
                    Man kann die logischen Begrenzungen der Informationen unmittelbar 
                    erkennen und es bilden sich deutlich drei Einheiten heraus. 
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               Wenn Begrenzungen, Schattierungen und Farben 
                nicht durchdacht und präzise gestaltet sind, können 
                verwirrende Effekte entstehen. Das folgende Beispiel aus der Website 
                des "Focus" belegt dies: 
              
                 
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                      vorher (Original): Hier konkurrieren zwei Hinweisreize 
                      miteinander, welche die Information jeweils unterschiedlich 
                      gruppieren. Die variierenden Grautöne erzeugen Rechtecke, 
                      die nach dem Gesetz der Geschlossenheit als Einheiten wahrgenommen 
                      werden. Dies ist die inhaltlich korrekte und gewollte Einteilung, 
                      d.h. sie definiert den logischen Aufbau der Spalte. Die 
                      horizontalen Trennlinien erzeugen nun aber eine zweite Gruppierung, 
                      die mit derjenigen, die von den Schattierungen definiert 
                      wird, nicht übereinstimmt. Wenn man den Trennlinien 
                      glaubt, gehört der Schriftzug "focus.de/jobs" 
                      zu dem Link "Cabrio Spezial", und die Einheit 
                      endet mit dem Auto-Icon.  
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                      nachher: Hier stimmen die beiden Hinweisreize überein. 
                      Schattierungen und Trennlinien signalisieren die gleiche 
                      Einteilung. Man kann die Information ohne Mühe entschlüsseln 
                      und Mißverständnisse sind ausgeschlossen. 
                    (Zur Bewertung möchte ich noch erwähnen, 
                      dass die obere Variante durchaus funktioniert, d.h. ein 
                      Besucher kann verstehen, wie die Spalte aufgebaut ist. Man 
                      muss aber doch etwas genauer hinsehen, wenn man sich orientieren 
                      möchte. Die Anstrengung, die man aufbringen muss, um 
                      die Information korrekt zu gruppieren, ist also höher 
                      als im unteren Beispiel.) 
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            |  Das Gesetz der guten 
              Fortsetzung  
                
                
                
                
                Dinge, die auf einer 
                  durchgehenden Linie oder Kurve angeordnet sind, werden von unserer 
                  Wahrnehmung gruppiert, also als zusammengehörig aufgefaßt. 
                   
               
              
                 
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                  Wenn man diese Grafik ganz 
                    elementar und einfach beschreiben wollte, könnte man 
                    sagen: "Das sind 59 schwarze Punkte". Dies ist nicht 
                    grundsätzlich falsch, es erscheint uns aber natürlicher, 
                    sie als zwei gekrümmte Linien zu sehen, die sich 
                    an zwei Punkten schneiden. | 
                 
               
               
               Das Gesetz der guten Fortsetzung ist nicht auf 
                Kurven beschränkt. Es ist auch immer dann wirksam, wenn Informationen 
                auf einer Geraden, also in Spalten oder Zeilen bzw. Fluchtlinien 
                angeordnet sind. Dabei gilt etwas ähnliches, was im Zusammenhang 
                mit dem Gesetz der Geschlossenheit bereits gesagt wurde: Unsere 
                Wahrnehmung muss keine vollständigen bzw. durchgehenden "Strich" 
                sehen, um eine Linie wahrnehmen zu können. Es genügt, 
                dass die Elemente, die gruppiert werden, auf einer gedachten Linie 
                oder Kurve liegen. Besonders prägnant ist dieser Effekt natürlich 
                bei unterstrichenen Wörtern, die in einer Zeile angeordnet 
                sind. Derartiges sieht man recht häufig bei Links zum Blättern 
                zwischen den Seiten in Suchmaschinen: 
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               Es gibt aber auch interessantere Beispiele. Der 
                Unterschied zwischen einer Liste von Links, die entsprechend dem 
                Gesetz der guten Fortsetzung auf einer (Flucht-) Linie angeordnet 
                sind und einer ungeordneten Linkliste ist auf den folgenden Grafiken 
                zu sehen. 
                 
               
                 
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                     shopping24.de: Die Links werden wie ein Fließtext 
                      umgebrochen. Sie erscheinen also ohne Systematik neben- 
                      und untereinander. Es gibt keine Linie, die einen optischen 
                      Zusammenhalt erzeugt.  
                      
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                   | 
                  autoscout24.de: 
                    Die Links sind in einer Spalte, also auf einer (gedachten) 
                    Geraden angeordnet. An der senkrechten Fluchtlinie entlang 
                    können sie sehr schnell gelesen und als zusammengehörig 
                    identifiziert werden. | 
                 
               
              Viele Sitemaps machen sich das Gesetz der guten 
                Fortsetzung zunutze um anzuzeigen, zu welcher logischen Ebene 
                eine aufgelistete Seite gehört. Auch hierzu ein Beispiel: 
                 
               
                 
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                     Diese Sitemap stammt von der Website der der Fa. "Tenovis". 
                      Die rechteckigen Bullets sind so angeordnet, dass die Seiten 
                      der 1. 2. und 3. Ebene in der Senkrechten auf einer (gedachten) 
                      Linie liegen. Die unsichtbare Linie, welche die Seiten einer 
                      Ebene miteinander verbindet, wird natürlich besonders 
                      prägnant, wenn die Links direkt direkt untereinander 
                      liegen.  
                    Auf der ersten Ebene, die hier angezeigt wird, (Produkte 
                      - Lösungen - Branchen - Dienstleistungen etc.) wird 
                      die Fähigkeit unserer Wahrnehmung, Lücken in Linien 
                      zu ergänzen und die betreffenden Elemente zu einer 
                      logischen Einheit zu gruppieren allerdings weit überdehnt. 
                      Eine zusätzliche übergeordnete Ebene ist auf diessem 
                      Screenshot gar nicht angezeigt. Dort sind die Markierungen 
                      so weit voneinander entfernt, dass eine einzelne Bildschirmseite 
                      nicht ausreicht, sie gemeinsam anzuzeigen. Es muss sicher 
                      nicht erklärt werden, dass das Gesetz der guten Fortsetzung 
                      damit unwirksam wird.  
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            |  Eine kurze Zwischenbilanz 
               
                
               Die einfachsten und wichtigsten Gestaltgesetze, 
                die in diesem Artikel beschrieben wurden, sind teils so offensichtlich, 
                dass man sie auf den ersten Blick leicht mit Trivialitäten 
                verwechseln kann. Es ist z.B. keine sonderlich sensationelle Erkenntnis, 
                dass wir Dinge, die in einem Kasten sind, als zusammengehörig 
                wahrnehmen - was sollten wir denn sonst tun, bitteschön? 
                Aber trotz (oder vielleicht gerade wegen) ihrer Einfachheit werden 
                die Gestaltgesetze auf Websites häufig verletzt. Es gibt 
                oft zu wenig oder zu viel Struktur, Abstände sind oft nicht 
                systematisch geplant, Trennlinien trennen Dinge, die zusammengehören, 
                Leisten mit ganz unterschiedlichen Elementen haben gleiche Farben 
                usw. 
              Die Trivialität nimmt auch schnell ab, wenn 
                man die einzelnen Gesetze nicht nur für sich betrachtet. 
                Wir haben gesehen, dass immer alle Gesetze gleichzeitig wirken, 
                d.h. ein Wahrnehmungseindruck ist die Summe oder Differenz dessen, 
                was die unterschiedlichen Gestaltgesetze an Bedeutungen nahelegen. 
                Und dann wird es schon etwas schwieriger. Eine im guten Glauben 
                getroffene Entscheidung kann zunichte gemacht werden, weil man 
                übersieht, dass diese Linie oder jene Schattierung - die 
                man für völlig nebensächlich hält - den gewünschten 
                Effekt hinterrücks aushebelt. Es können auch schlichtweg 
                Mißverständnis entstehen, d.h. eine von mir gewünschte 
                Bedeutung im Sinn der Gestaltgesetze muss von den störrischen 
                Benutzern nicht notwendigerweise erkannt werden. Eine horizontale 
                Trennlinie oder ein Zwischenraum, die als optische Markierung 
                zwischen Absätzen gedacht sind, können z.B. als Seitenende 
                interpretiert werden - und schon hört der Benutzer auf zu 
                scrollen. 
              Bleibt zum Schluß noch der Ausblick auf 
                den dritten Teil dieses Artikels zu den Gestaltgesetzen, in dem 
                Themen wie Figur und Grund, Symmetrie oder die Prägnanz von 
                Formen behandelt werden sollen. Diese sind abstrakter und auch 
                interessanter als die einfachen Gesetze von Nähe, Ähnlichkeit, 
                Geschlossenheit und guter Fortsetzung. Für die Praxis der 
                Gestaltung und Bewertung von Websites sind die in dem vorliegenden 
                Artikel dargestellten Inhalte aber wie ein kleines Einmaleins. 
                Und das sollte man beherrschen. 
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