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KommDesign.de — Texte — Webdesign ist Produktsdesign (3)

3. Über Infotainment

 
Das Fernsehen liefert ein gutes Modell für die Kaufsituation, in der sich Web-Surfer befinden. Der Klick auf den Back-Button des Browsers ist dem "Zapping" zum nächsten Sender psychologisch sehr ähnlich. Beides geht schnell, kostet keinerlei Anstrengung, und auch die Beweggründe sind in beiden Fällen oft die gleichen: Konfrontation mit Informationsdutzendware oder dröger, geisttötender Werbung. Die Verantwortlichen in den Sendern wissen allerdings, daß ein Köder nicht dem Angler, sondern dem Fisch schmecken muß. Einschaltquoten sorgen dafür, daß die Wünsche des Publikums den TV-Markt einigermaßen wirksam regulieren, und nur selten findet man Programmangebote alleine deshalb, weil sie den Machern gefallen.

Und im Web ? Hier findet man allerlei Erbauliches, das Macher oder Verantwortliche sicherlich mit Wonne lesen oder betrachten, aber eben nicht die Kunden. Allzuoft werden Texte aus vorhandenem PR-Material einfach 1 : 1 auf Websites übernommen, nach dem Motto: "Da können wir doch endlich einmal die Texte aus unserem Prospekt für etwas Sinnvolles verwenden, und außerdem kommt das doch so viel billiger." Der Unterhaltungswert der meisten Dinge, die unter der Überschrift "Wir über uns" präsentiert werden, geht dann auch in etwa gegen Null. Niemand, der einigermaßen bei Trost ist, kauft PR-Material, und genausowenig investiert man im Web Zeit und Geld, um zu lesen, wie sich ein Unternehmen in epischer Breite selbst dafür gratuliert, was für eine prima Sache es doch ist. Gleiches gilt übrigens für die Zurschaustellung von besonders coolem Webdesign, das für die gestaltende Agentur schmeichelhaft sein mag, den Kunden für die Erreichung ihrer Ziele aber oft wenig weiterhilft.

Wissen über die Firmengeschichte, die Unternehmenskultur oder das ökologische Engagement eines Unternehmens können aber sehr wohl nützlich sein, nämlich dann, wenn sie das Publikum neugierig machen, unterhalten und im positiven Sinn belehren - Infotainment eben. Wenn z.B. ein Unternehmen ein Projekt zur Wassergewinnung in der dritten Welt unterstützt, wird es diese Information wahrscheinlich auf seiner Website unter "News" ablegen und sich dort kräftig auf die Schulter klopfen. Nur wird kein Mensch so etwas lesen, weil eben die Selbstinszenierung gegenüber dem Infotainment zu offensichtlich überwiegt. Besser wäre, Wissenswertes über das unterstützte Land, seine Historie, die Bevölkerung, die politische und geographische Situation, vielleicht sogar Links zu dort betriebenen Websites zusammenzustellen (haben Sie schon einmal eine Website, sagen wir, in Ghana besucht?) und die PR-Informationen dort einzubetten. Wer zweifelt, daß dies funktioniert, sei daran erinnert, daß es Menschen gibt, die sich eigens vor den Fernseher setzen, um sich z.B. über den Stand der Dinge bei den roten Khmer oder im tibetischen Hochland zu "infotainen".

Informationen können allerdings nicht nur über die Befriedigung gehobener Bildungsinteressen, sondern auch über ganz alltägliche Neugier mit Nutzen aufgeladen und verkauft werden. Der Erfolg der "Sendung mit Maus" hat etwas damit zu tun, daß Kinder (und Erwachsene) dort in verständlicher Form über Geheimnisse aufgeklärt werden, die in scheinbar ganz gewöhnlichen Dingen stecken können. Wenn es glückt, dieses Prinzip ins Web zu exportieren, kann man für alle nur denkbaren Informationen und Themen ein Publikum finden. Also nicht: "Die Entwicklungsabteilung der Stör & Tümmler KG setzt neue Maßstäbe in der ökologisch verträglichen Verwertung mariner Rohstoffe" oder "Die klinische Forschung belegt erneut die vorbildliche Wirksamkeit der Zahpflegeprodukte der Schmelz GmbH", sondern: "Wie kommt der Fisch in die Stäbchen ?" und "Wie kommen die Streifen in die Zahnpasta ?

 
 
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© Dr. Thomas Wirth Kommunikationsdesign - eMail: thomas.wirth@kommdesign.de
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