Das Fernsehen liefert ein gutes Modell
für die Kaufsituation, in der sich Web-Surfer befinden. Der
Klick auf den Back-Button des Browsers ist dem "Zapping" zum nächsten
Sender psychologisch sehr ähnlich. Beides geht schnell, kostet
keinerlei Anstrengung, und auch die Beweggründe sind in beiden
Fällen oft die gleichen: Konfrontation mit Informationsdutzendware
oder dröger, geisttötender Werbung. Die Verantwortlichen
in den Sendern wissen allerdings, daß ein Köder nicht
dem Angler, sondern dem Fisch schmecken muß. Einschaltquoten
sorgen dafür, daß die Wünsche des Publikums den
TV-Markt einigermaßen wirksam regulieren, und nur selten findet
man Programmangebote alleine deshalb, weil sie den Machern gefallen.
Und im Web ? Hier findet man allerlei Erbauliches, das Macher
oder Verantwortliche sicherlich mit Wonne lesen oder betrachten,
aber eben nicht die Kunden. Allzuoft werden Texte aus vorhandenem
PR-Material einfach 1 : 1 auf Websites übernommen, nach dem
Motto: "Da können wir doch endlich einmal die Texte aus unserem
Prospekt für etwas Sinnvolles verwenden, und außerdem
kommt das doch so viel billiger." Der Unterhaltungswert der meisten
Dinge, die unter der Überschrift "Wir über uns" präsentiert
werden, geht dann auch in etwa gegen Null. Niemand, der einigermaßen
bei Trost ist, kauft PR-Material, und genausowenig investiert
man im Web Zeit und Geld, um zu lesen, wie sich ein Unternehmen
in epischer Breite selbst dafür gratuliert, was für
eine prima Sache es doch ist. Gleiches gilt übrigens für
die Zurschaustellung von besonders coolem Webdesign, das für
die gestaltende Agentur schmeichelhaft sein mag, den Kunden für
die Erreichung ihrer Ziele aber oft wenig weiterhilft.
Wissen über die Firmengeschichte, die Unternehmenskultur
oder das ökologische Engagement eines Unternehmens können
aber sehr wohl nützlich sein, nämlich dann, wenn sie
das Publikum neugierig machen, unterhalten und im positiven Sinn
belehren - Infotainment eben. Wenn z.B. ein Unternehmen ein Projekt
zur Wassergewinnung in der dritten Welt unterstützt, wird
es diese Information wahrscheinlich auf seiner Website unter "News"
ablegen und sich dort kräftig auf die Schulter klopfen. Nur
wird kein Mensch so etwas lesen, weil eben die Selbstinszenierung
gegenüber dem Infotainment zu offensichtlich überwiegt.
Besser wäre, Wissenswertes über das unterstützte
Land, seine Historie, die Bevölkerung, die politische und
geographische Situation, vielleicht sogar Links zu dort betriebenen
Websites zusammenzustellen (haben Sie schon einmal eine Website,
sagen wir, in Ghana besucht?) und die PR-Informationen dort einzubetten.
Wer zweifelt, daß dies funktioniert, sei daran erinnert,
daß es Menschen gibt, die sich eigens vor den Fernseher
setzen, um sich z.B. über den Stand der Dinge bei den roten
Khmer oder im tibetischen Hochland zu "infotainen".
Informationen können allerdings nicht nur über die
Befriedigung gehobener Bildungsinteressen, sondern auch über
ganz alltägliche Neugier mit Nutzen aufgeladen und verkauft
werden. Der Erfolg der "Sendung mit Maus" hat etwas damit zu tun,
daß Kinder (und Erwachsene) dort in verständlicher
Form über Geheimnisse aufgeklärt werden, die in scheinbar
ganz gewöhnlichen Dingen stecken können. Wenn es glückt,
dieses Prinzip ins Web zu exportieren, kann man für alle
nur denkbaren Informationen und Themen ein Publikum finden. Also
nicht: "Die Entwicklungsabteilung der Stör & Tümmler
KG setzt neue Maßstäbe in der ökologisch verträglichen
Verwertung mariner Rohstoffe" oder "Die klinische Forschung belegt
erneut die vorbildliche Wirksamkeit der Zahpflegeprodukte der
Schmelz GmbH", sondern: "Wie kommt der Fisch in die Stäbchen
?" und "Wie kommen die Streifen in die Zahnpasta ?
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