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das Web ist ein MarktInfotainment
Artikel 29 von 34

KommDesign.de — Texte — Webdesign ist Produktsdesign (2)

2. Über den Nutzen

2.1. Der Grundnutzen
2.2. Der Zusatznutzen
2.3. Der Pseudonutzen

 
 

2.1. Der Grundnutzen

Alle Produkte, seien es Computer, Küchenmesser, Musik-CDs oder eben Websites, befriedigen Bedürfnisse, lösen Probleme, erleichtern das Leben oder helfen bei der Erreichung von Zielen. Kleidung schützt vor Witterung, Autos verhelfen zu Mobilität usw. Ein solcher Grundnutzen ist erforderlich, wenn etwas überhaupt gekauft werden soll, und bei den meisten Produkten können wir ihn auch ohne allzuviel Kopfzerbrechen erkennen. 

Obwohl es auch im Web durchaus Möglichkeiten gibt, einen soliden Grundnutzen anzubieten, z.B. Kommunikation, schnellen Rat bei technischen Fragen, komfortable Online-Bestellwege oder schlicht Unterhaltung, wird die einfache Frage "Wem nützt es ?" allzuoft nicht recht beachtet. Ich empfehle meinen Lesern, sich einmal über verschiedene Corporate Websites zu bewegen, das Aufmerksamkeit heischende Design zu ignorieren und eine einzige Frage im Visier zu behalten: "Ist das, was ich hier sehe, für irgendjemanden nützlich ?" Wenn Sie diese Frage nicht beantworten können, und zwar schnell und plausibel, stimmt etwas nicht. 

Websites geraten leicht zu Un-Produkten, die zwar beweisen, daß man "auch im Web" ist, ihren Kunden ansonsten aber wenig zu bieten haben. Es hat sich noch nicht herumgesprochen, daß die Zeiten vorbei sind, in denen das Medium so neu und aufregend war, daß schon alleine das Stöbern darin einen Unterhaltungswert (also einen Nutzen) hatte. 

Ein sehr wichtiger und attraktiver Nutzen-Aspekt ist im WWW übrigens immer gegeben, nämlich die Möglichkeit zur Kommunikation via E-Mail - was mindestens dem Grundnutzen eines Fax-Geräts entspricht (eigentlich ist er weitaus größer, weil z.B. Dateien versendet werden können). Dieser kommt allerdings nur durch eine funktionierende "soziale Navigation" zum Tragen. Wenn Kund/innen ohne Mühe Ansprechpartner für ihr Anliegen finden und auch rasche Antwort erhalten, macht schon alleine dies eine Website zu einer nützlichen Sache. Ein einsames E-Mail Link, das am untersten Seitenrand klebt und mit "webmaster@x.com"  oder "info@y.de" betitelt ist, reicht hierfür allerdings kaum aus. Und eine regelrechte Zumutung sind "Kontakt"-Formulare, die augenscheinlich dafür da sind, möglichst viel über die schreibende Person in Erfahrung zu bringen, worauf ihr dann in einem etwa briefmarkengroßen Feld Gelegenheit gegeben wird, ein Anliegen zu formulieren. Die Botschaft: "Fassen Sie sich kurz - und rechnen Sie nicht unbedingt mit einer Antwort."
 

 
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2.2. Der Zusatznutzen

Neben dem Grund- haben viele Produkte einen Zusatznutzen, d.h. weitere positive Merkmale, die für ihr Funktionieren eigentlich nicht erforderlich sind. Sie können aber das Produkt von anderen abheben - also für die gerade im Web besonders wichtige Produktdifferenzierung dienlich sein - und zusätzliche Kaufanreize schaffen. 

Ein Zusatznutzen ist manchmal so fest an ein Produkt gekoppelt, daß man ihn kaum gesondert wahrnimmt, z.B. die parfümierende Wirkung von Hautcreme, die ja mit ihrer eigentlichen Funktion nichts zu tun hat. Ästhetik vermittelt ebenfalls einen Zusatznutzen. Ein schmuckes Regal, dient z.B. nicht nur der Aufbewahrung von Büchern (Grundnutzen), sondern verschönert auch die Wohnung (Zusatznutzen Nr. 1) und demonstriert anderen, was für ein geschmackvoller Mensch man ist (Zusatznutzen Nr. 2). Diese Effekte sind rein ideell, aber auch Beigaben bzw. Geschenke werden von Kunden beim Kauf eines Produkts als verkaufsfördernder Zusatznutzen verbucht.

Da viele Websites derzeit keinen berauschenden Grundnutzen bieten (wer beschäftigt sich schon länger als unbedingt nötig mit Werbe- oder PR-Material), kann das geschickte Einbetten eines Zusatznutzens für ihren Erfolg entscheidend sein. Ein Ferienhotel, das im WWW präsent ist, kann z.B. eigene Leistungen und Preise darstellen und vielleicht sogar ein Online-Buchungssystem einrichten. Es kann über seine Website aber auch ausdruckbare Ausflugsrouten, Nahverkehrsfahrpläne und Anfahrtskizzen bereitstellen (am Urlaubsort hilft die schönste jpeg-Grafik nicht weiter), Links zu Internet-Angeboten in der Region schalten oder Gelegenheiten für preiswerte Zwischenübernachtung vorschlagen. Dergleichen Dinge werden umso wichtiger, je weniger Grundnutzen vorhanden - und je schärfer der Wettbewerb - ist.

 
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2.3. Der Pseudonutzen

Allerdings ist Vorsicht geboten: Nicht alles was Zusatz ist, muß auch nützlich sein. Es gibt Dinge, die lautstark einen Zusatznutzen offerieren, bei genauerer Betrachtung aber wirkungslos verpuffen. Ein solches Pseudo-Angebot ist z.B. ein Screen-Saver, der uns die Möglichkeit gibt, das Logo eines Unternehmens überaus effektvoll über unseren Monitor schweben zu lassen. Wer möchte schon kostenlos Werbung für andere machen ? Genauso verlockend sind Newsletter-Abonnements, die unsere Mailbox mit Pressemitteilungen, Informationen über Messestände, einen Wechsel im Aufsichtsrat und ähnlichem verstopfen. Ganz oben auf meiner persönlichen Hitliste stehen Link-Sammlungen, die den Kunden zu so topgeheimen Plätzen wie Yahoo oder Lycos führen - was ungefähr so nützlich ist wie der Eifelturm als Insidertip für Parisreisende.

 
 
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© Dr. Thomas Wirth Kommunikationsdesign - eMail: thomas.wirth@kommdesign.de
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