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               Artikel 31 von 34 
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               KommDesign.de  Texte  Webdesign 
                ist Produktsdesign (4) 
              4. Über Bedienungskomfort 
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                4.1. Das Verhindern des Gebrauchs 
                  
                4.2. Das Verzögern des Gebrauchs 
                 
                  
                4.3. Das Erschweren des Gebrauchs  
                  
                4.4. Selektive Benutzbarkeit  
                  
                4.5. zum Verhältnis von Nutzen 
                und Benutzbarkeit  
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            | Voraussetzung für ein erfolgreiches 
              Produkt ist nicht nur, daß es einen Nutzen respektive Zusatznutzen 
              vermittelt. Ähnlich wichtig ist, daß sein Gebrauch reibungslos 
              funktioniert, und zwar für alle in Frage kommenden Konsument/innen. 
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               4.1. Das Verhindern des Gebrauchs 
               Im schlimmsten Fall kann der Gebrauch schlicht verhindert werden. 
                Bestimmte Spielzeuge lösen sich z.B. beim ersten Ansturm 
                des (neu-)gierigen Nachwuchses in ihre Bestandteile auf, und billige 
                elektrische Feuerzeuge haben die tückische Unart, einen Funken 
                zu produzieren und hörbar Gas abzusondern - ohne eine Flamme 
                zu erzeugen. Vergleichbares gibt es im Web, z.B. wenn Bestellvorgänge 
                so umständlich gestaltet werden, daß man am Ende lieber 
                in einen Laden geht, oder wenn man dringend technischen Rat sucht 
                und nach 10 Minuten intensiven Stöberns noch keine Möglichkeit 
                hierfür gefunden hat. Nicht minder unangenehm ist, wenn man 
                auf eine E-Mail-Anfrage keine Antwort bekommt und - solcherart 
                ernüchtert - wieder zum Telefon greifen muß. In all 
                diesen Fällen wird den verärgerten Kund/innen der Nutzen, 
                den sie erwarten (und für den sie bezahlt haben) vorenthalten. 
                   
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            |  4.2. 
              Das Verzögern des Gebrauchs  
               Schon die Verzögerung des Gebrauchs kann eine verheerende 
                Wirkung auf die Attraktivität von Produkten haben, selbst 
                dann, wenn man sein Ziel am Ende vielleicht noch erreicht. Daß 
                ein Schnellimbiß, in dem die Zubereitung einer Currywurst 
                eine Stunde dauert, nicht zum Publikumsmagnet wird, steht außer 
                Frage. Ebenso mißlungen wäre ein Auto, dessen ferngesteuertes 
                Schloß erst mit dreiminütiger Verzögerung reagiert. 
                Im Web finden diese Beispiele ihre Entsprechung in Websites, die 
                uns zuallererst eine grandiose Grafik von, sagen wir, 150 Kilobyte 
                (d.h. schlimmstenfalls eine Wartezeit von mehreren Minuten) zumuten, 
                bevor sie uns offenbaren, was hier überhaupt zu finden ist. 
                Ähnlich wirken Exemplare, in welchen das mit keinen Mitteln 
                zu unterbrechende Laden eines Java-Appletts so lange dauert, daß 
                man argwöhnen muß, der Rechner sei hin oder werde vielleicht 
                gerade von irgendwelchen Viren attackiert. Mir stellt sich in 
                solchen Situationen immer die Frage, ob die Zuständigen nie 
                darüber nachgedacht haben, warum Autohersteller Geld und 
                Mühe investiert haben, um das lästige Vorglühen 
                bei Dieselmotoren abzustellen (was ja im Gegensatz zu den Ladezeiten 
                vieler Webseiten nur wenige Sekunden gedauert hat !). 
               In diesem Zusammenhang noch ein wichtiger Gedanke: Wenn man die 
                eigene Website mit zeitaufwenigen Zutaten ausstattet, dann ist 
                dies ein wirksames Mittel, gerade die besonders wichtigen Besucher 
                fernzuhalten. Ich denke dabei an die alte Weisheit, daß 
                die Bereitschaft zu warten normalerweise mit der Wichtigkeit eines 
                Menschen rapide abnimmt. Entscheider, Manager, Geschäftsführer, 
                Abteilungsleiter und -innen sind in der Regel nicht gerade Vorbilder 
                an Sanftmütigkeit und Geduld. Die Annahme, daß diejenigen, 
                die sich für das eigene Angebot interessieren, ohnehin privilegiert 
                und deshalb für aufwendiges Design ausgestattet seien, verrät 
                zwar gesundes Selbstbewußtsein, aber auch eine gewisse Einfalt. 
                Wenn man davon absieht, daß Wartezeiten jederzeit durch 
                hohen „Traffic“ entstehen können, gibt es vielleicht auch 
                Geschäftsführer/innen oder Top-Manager/innen, die abends 
                von zu Hause aus (mit Notebook und 28.800er Modem) surfen - und 
                dann eben den schlichteren Auftritt der Konkurrenz vorziehen.  
                 
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            |  4.3. 
              Das Erschweren des Gebrauchs 
               Selbst wenn ein Produkt sich uns nicht völlig entzieht oder 
                unsere Geduld strapaziert, kann seine Bedienung aus den unterschiedlichsten 
                Gründen unkomfortabel bleiben. Wichtige Bedienungselemente 
                eines Videorekorders können z.B. auf der Rückseite in 
                einer schwer zugänglichen Gerätenische versteckt sein, 
                und beim Gebrauch mancher Dosenöffner muß man das eigene 
                Körpergewicht geschickt einsetzen, wenn der Dosenrand überhaupt 
                nur geritzt werden soll. Diese Mängel sind so offensichtlich, 
                daß wohl niemand auf den Gedanken käme, von Bedienungskomfort 
                zu sprechen.  
               Das geflügelte Wort „lost in hyperspace“ bezeichnet nur 
                eine der Kalamitäten, mit denen man auf umfangreicheren Websites 
                konfrontiert wird: Das Gefühl, nicht mehr zu wissen, wo oben 
                und unten, vorne und hinten ist, wo man herkommt und was man hier 
                eigentlich wollte. Dieses entsteht u.a. dadurch, daß Unmengen 
                von Informationen, die im Grunde niemanden interessieren, in Strukturen 
                abgelegt werden, deren Logik wohl nur denen einigermaßen 
                einleuchtet, die sie gestaltet haben.  
               Ein anderes Beispiel: Stellen Sie sich eine Stereoanlage vor, 
                die mit Knöpfen, Tasten und Schiebern gespickt ist, wobei 
                allerdings ein Teil der Elemente nur Attrappen sind, während 
                andere, die Sie nicht im Traum für einen Schalter gehalten 
                hätten, wichtige Funktionen steuern. Damit sind wir bei einem 
                anderen Usability-Killer, nämlich Geheimlinks, die nicht 
                wie Links aussehen und Scheinlinks, die gar keine sind, obwohl 
                sie so aussehen. Gelegentlich führt dies dazu, daß 
                man als Kunde den Monitor mit der Maus in Schleifen „abgrast“ 
                und dabei konzentriert beobachtet, wo der Zeiger sich verräterischer- 
                und oft auch überraschenderweise in eine Hand verwandelt.  
               Dies sind nur zwei Beispiele dafür, wie Gestalter/innen 
                im Web Erfordernisse der Benutzbarkeit, die im Produktdesign für 
                jedermann einsichtig sind, und auch schlecht und recht eingehalten 
                werden, ignorieren. (Mehr finden Sie in meiner   
                Galerie).  
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            |  4.4. 
              Selektive Benutzbarkeit  
               In bestimmten Fällen mag es wünschenswert sein, bestimmte 
                Käufergruppen vom Kauf oder Gebrauch eines Produkts abzuhalten. 
                Derartige Mechanismen funktionieren meist über das Image, 
                den Preis, oder eine Kombinaton aus beidem (z.B. bei sogenannten 
                „Designer“produkten). Allerdings ist es ungeschickt, um nicht 
                zu sagen blödsinnig, Zielgruppen, die man erreichen möchte, 
                durch Eigenwilligkeiten in der Gestaltung eines Produkts zu behindern 
                oder sie sogar auszuschließen. Eine Dosensuppe, die so scharf 
                ist, daß nur indonesische Köche sie unbeschadet essen 
                können, oder ein Radiowecker, der nur Sender für eingefleischte 
                Volksmusik-Fans empfängt, taugen nicht viel - zumindest nicht 
                als Produkt für jedermann.  
               Prinzipiell besteht kein Unterschied zwischen diesen Beispielen 
                und Websites, die sich so präsentieren, daß nur ausgebuffte 
                Experten eine Chance haben zu verstehen, worum es überhaupt 
                geht. Eine oft und gern gewählte Alternative ist die technische 
                Selektion, etwa dann, wenn man die neueste Browserversion, die 
                Grafikanzeige eingeschaltet, einen 17‘ Monitor nebst Highspeed-Leitung, 
                die höchste Bildschirmauslösung und außerdem verschiedene 
                Plugin-Spezialitäten verfügbar haben muß, um sich 
                einigermaßen komfortabel informieren zu können. Auch 
                hier wird ein Teil der Kund/innen - völlig unnötigerweise 
                - behindert. Meldungen wie: „Diese Seiten sind optimiert für 
                den X-Browser in der Version Y und einer Bildschirmauflösung 
                von 1024 x 768 Pixeln“ sind dabei ungefähr so sinnvoll wie 
                eine Autotür mit der Beschriftung „Dieses Fahrzeug ist optimiert 
                für männliche Nichtraucher mit einem Körpergewicht 
                unter 70 kg“. Schlimmer noch: Selbst dann, wenn man das Angebot 
                auch mit einfacher Ausstattung betrachten (das Auto auch als schwergewichtige 
                Raucherin fahren) kann, müssen sich viele Personen wie Kunden 
                zweiter Klasse fühlen. Eigentlich wollen wir ja immer das 
                Beste, was der Hersteller zu bieten hat, und wenn dieser nun offen 
                deutlich macht, daß uns hierfür etwas fehlt, 
                bleibt ein besonders übler Nachgeschmack. 
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            | 4.5. zum 
              Verhältnis von Nutzen und Benutzbarkeit 
               Die Frage, welches Gewicht den Faktoren Nutzen und Benutzbarkeit 
                zukommt, ist gerade im Web hoch interessant. Zunächst: Verbraucher 
                sind bereit, ergonomische Defizite zu erdulden, wenn sie am Ende 
                wirklich etwas erreichen können. Wenn dem nicht so wäre, 
                hätten sich viele Marken oder Produkte schon längst 
                aus unserer Warenwelt verabschiedet. Nutzen kann also Mängel 
                in der Benutzbarkeit zu einem gewissen Grad ausgleichen. Diese 
                Beziehung ist allerdings nicht umkehrbar, d.h. Eine komfortabel 
                zu bedienende Nutzlosigkeit bleibt eine Nutzlosigkeit! Insofern 
                sollten die teils heftig geführten Diskussionen um „Usabilty“ 
                (Navigation, Sitemaps, Links, Frames usw.) nicht unabhängig 
                von einer Auseinandersetzung mit dem Problem der „Utility“, also 
                den Anwendungsmöglichkeiten des Mediums geführt werden. 
                Anders gesagt: Würde man alles Nutzlose im Web weglassen, 
                würden viele Designprobleme, die eben dadurch entstehen, 
                daß massenweise nutzlose  Informationen abgelegt, geordnet, 
                vernetzt, verwaltet werden muß, sich einfach in Luft auflösen. 
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