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KommDesign.de Galerie schlechter
Empfang
Willkommen in der Firewall! |
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Was sollte man im Erstkontakt mit
einem Kunden oder Interessenten auf gar keinen Fall sagen? Zum Beispiel
dies:
"Jetzt füllen Sie erst einmal das hier aus - aber
bitte sorgfältig - und dann kommen sie wieder und erzählen,
was Sie eigentlich von uns wollen....".
Es ist auch kein Zufall, daß diese Eröffnungstaktik fast
nur von Behörden oder Organisationen eingesetzt wird, denen
man hilflos ausgeliefert ist. Aber da sich die meisten Fehler mühelos
ins Web übertragen lassen, werden auch online leistungsfähige
Abschreckungswaffen in Sachen Kommunikation hergestellt - und in
Stellung gebracht. Ein illustratives Beispiel sind diese unsäglich-unverschämten
Formulare, in welchen neue Besucher/innen gezwungen werden, ihre
E-Mail Adresse preiszugeben, um sich dann ein Passwort ausdenken
zu dürfen, das sie schließlich - natürlich je zweimal
- irgendwo eintippen müssen (und das alles, bevor es überhaupt
ein Zipfelchen vom Angebot zu sehen gibt).
Die "New York Times" beherrscht diese Technik in
Vollendung. Wer sich in ihren Server einklinken möchte, bekommt
zuallererst dieses Formular präsentiert:
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(Screenshot vom 08.09.1999) |
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Und das hier ist nur die Spitze des
Eisbergs, darunter befinden sich noch weitere überaus spannende
und diskrete Fragen zum Einkommen, Geschlecht, Alter usw. die man
freiwillig beantworten soll (ich erspare Ihnen den Anblick). So
weit so schlecht.
Nun kann es sich die New York Times vielleicht leisten, Ihre
Leserinnen und Leser derart über die Klinge springen zu lassen
- eine Demonstration von Macht und Selbstbewußtsein (man
könnte auch sagen: Inkompetenz und Arroganz). "Sie möchten
keine Subscriber-ID und kein Passwort? Okay, dann behalten wir
unsere wertvollen getimeyorksten News einfach für uns -
Ich würde allerdings davon abraten, nach dieser Methode zu
verfahren. Es ist eine Form der Kontrolle, die im Web, das ja
Sachen Datenschutz ungefähr das Gegenteil von Abrahams Schoß
ist, völlig ihr Ziel verfehlt - Moment, welches Ziel eigentlich?
Eine interessante Frage: Wann braucht es Passwörter? Wenn
es etwas zu schützen und vor unbefugtem Zugriff abzuschirmen
gibt. Gut. Gilt das für die Online-Meldungen der newgeyorksten
Times? Nein, beim besten Willen nicht. Also, wozu dann das Passwort?
Weil es hilft, bösen Buben den Zutritt zu verwehren? Das
glaube wer will, ich kann mir nicht vorstellen, daß sich
ein Amateur-Hacker, der einigermaßen bei Kräften ist,
von solchen Sperenzchen aufhalten läßt. Was bleibt
dann? Nutzen des Anbieters. Worin der genau besteht, kann ich
zwar nicht sagen, aber wegen ihres eigenen Wohlergehens werden
die Leser/innen sicher nicht mit solchen Formularen genervt -
Formulare, für die ich persönlich mich nicht krummlegen
möchte, schon gar nicht ohne jegliche Vorleistung.
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Das Angebot, meine ID und mein Passwort
gleich fix und fertig auf meinem Computer zu speichern (auf der
Abbildung in dem beigen Kasten zu sehen), finde ich ganz besonders
mißraten, und nicht nur, weil da 'mal wieder jemand ein Häkchen
für mich gemacht hat. Ich weiß, daß es geheimnisvolle
Mechanismen gibt, mit deren Hilfe man bestimmte Dinge in meinem
Rechner ausspähen, auslösen oder eintragen kann, und ich
bin froh und dankbar, wenn man das sein läßt. Meine Festplatte
ist meine Intimsphäre, und in der sollen eigentlich möglichst
wenig wildfremde Leute herumpfuschen. Stellen Sie sich vor, Sie
sind beim Shopping und die zuständige Shoppeuse sagt: "Ich
kann jetzt von hier aus in Ihren Schrank zu Hause sehen und die
schönen neuen Socken gleich dort ablegen, zwischen den Kondomen
und den häßlichen Unterhosen unter denen Sie Ihr Sparbuch
versteckt haben - soll ich....?" Um Gottes Willen NEIN! Überhaupt:
Was wird da eigentlich wo eingetragen? Ist es ein "Cookie" (was
auch immer das sein mag)? Wie und wo kann ich das kontrollieren?
Wie kann ich es löschen bzw. rückgängig machen? Wird
nicht verraten, denn wer seine "subscription" rückgängig
machen will, ist wahrscheinlich verstorben, und dann ist es ja eigentlich
nicht mehr erforderlich.
Das einzig sinnvolle an dieser Seite ist das "Forgot your
ID and Password? click here." Die Annahme, daß
diejenigen, die es nicht so gerne mögen, wenn Ihr Computer
sich automatisch wofür-auch-immer autorisiert, Gedächtnisprobleme
bekommen könnten, ist mehr als plausibel. Und wir müssen
unsere Phantasie ja sogar gleich doppelt anstrengen, um uns einloggen
zu dürfen. "Hmm, ich weiß noch, da war 'was mit "Rumpelstilzchen",
aber war das jetzt das Passwort oder meine Subscriber-ID?"
Warum ist in der Überschrift dieses Beitrags eigentlich
von einem "Firewall" die Rede? Ist das nicht etwas, das ein unschuldiges
Netzwerk gegen unbefugte Eindringlinge schützt? Eben! Firewalls
wie der der New York Times sorgen dafür, daß ein Angebot
nur die "Premium"-Leser erreicht (das sind die, denen nichts anderes
übrigbleibt). Dem anderen Gesocks fehlt es an Respekt und
Benehmen, und solche Leute mögen wir auf unserer schönen
Website erst gar nicht haben....
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Epilog: Aus einer anderen Welt
Haben Sie auch manchmal wilde, völlig unrealistische
Phantasien? Nicht das, was Sie jetzt gleich wieder denken, nein,
ich meine etwas anderes. Phantasien von einer neuen, besseren,
gerechteren Welt. Ich träume z.B. gelegentlich davon, daß
eines Tages die Surfer/innen sich erheben und gemeinschaftlich
zurückschlagen. Wie? Ganz einfach: Sie beginnen, den Informationsanbietern
im World-wide-web Millionen von Formularen zuzusenden, auf welchen
diese (nachdem sie ihren Namen, ihre Telefonnummer, ihr Einkommen
und, sagen wir, ihre bevorzugte Gummibärchenfarbe angegeben
haben) erklären müssen, warum denn irgendjemand, bitteschön,
ihr Angebot überhaupt betrachten sollte...? Den Schluß
des Formulars habe ich ganz deutlich vor Augen: "Anderenfalls
sehe ich mich leider gezwungen, von einem Besuch Ihrer Internet-Präsenz
dauerhaft und mit nachhaltiger Wirkung Abstand zu nehmen". Das
wäre nach meinem Geschmack! Allerdings ist es leider wirklich
nur eine Phantasie, es wäre auch verlorene Mühe, niemand
würde antworten - wahrscheinlich könnten es die wenigsten
überhaupt.
Aber schön wär's schon, oder....?
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