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Artikel 31 von 44
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KommDesign.de Galerie schlechter
Empfang
Biologische Kampfführung |
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Für die menschliche Aufmerksamkeit
ist das Web eine absurde Welt. Da kommt es allenthalben vor, dass
Dinge, die für unsere Handlungsziele völlig irrelevant
sind, eine 3.000 bis 4.000fach höhere Zugkraft haben als das,
was uns interessiert - ungefähr so, als würde man eben
mal so eine Motorsäge anwerfen, um sich ungestört unterhalten
zu können. Was da allenthalben geblinkert und high gelighted
wird, gehört leider allzuoft - bestenfalls - in die Kategorie
nutzloser Plunder, wie z.B. aufpoppende Werbebanner oder News-Ticker.
Letztere sind ein Element aus der frühen Kreidezeit der Internet-Animation,
das sich leider immer noch hartnäckig weigert auszusterben.
Ich plädiere deshalb ja schon seit längerem für einen
Führerschein für den Umgang mit Motorsägen - pardon,
"biologischen Signalreizen", wollte ich natürlich
sagen, aber niemand hört zu, keiner schaut hin. Wahrscheinlich
liegt es daran, dass mir die richtigen Eye-catcher fehlen, um meinem
Ansinnen Nachdruck zu verleihen.
Der enthemmte Umgang mit Eye-catchern ist jedenfalls nicht zu
empfehlen. Und er wirkt besonders befremdend, wenn sich Anbieter
im Web präsentieren, die ansonsten vor grau-langweiliger
Seriosität strotzen. So unterhält beispielsweise das
heißblütige Debis Systemhaus eine Startseite, auf der
es gleich zu Beginn so richtig biologisch catchend zur Sache geht
Hier ein verkleinerter Eindruck der Startseite:
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(Screenshots vom 26.11.2000) |
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Ich habe gleich die ganze Seite wiedergegeben, um zu verdeutlichen,
wie riesig die signalrot
schwellenden Begrüßungslippen sind. Hier der Original
eye-catcher noch einmal in Originalgröße:
Wahnsinn! Und damit nicht genug,
denn die undezent aufgeblendete Sexualität (oder geht es
hier um gefressen werden?) wird unvermittelt durch weitere Geschehnisse
abgelöst: Es bewegt sich, zappt und zuckt, verändert
sich...
und endet hiermit:
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Auch nicht schlecht, mir gefällt
das ja, so eine direkte Art. Das sind sie also, die Menschen, die
die Zukunft gestalten.
Gut. Jetzt ziehen wir einmal Zwischenbilanz. Wir haben wir also:
- einen starken sexuellen Reiz (oder Gefahrenreiz?)
- leuchtend rote Farbe
- Bewegung (Ein- und Ausschalten der farbigen Rechtecke)
- hohe Farbsättigung
- Gesichter
- Augen...
- ...die den/die verblüffte/n Betrachter/in obendrein noch
direkt fixieren
Ich sträube mich ja eigentlich ein wenig gegen gewalttätige
Metaphern, aber hier kann man ohne Übertreibung sagen: Debis
hat mehrere Kilo visuelles TNT gezündet, um unsere Aufmerksamkeit
in stabile Bahnen zu lenken. Wer dieses Getöse nicht beachtet,
muss die Grafik im Browser ausgeschaltet haben (Glück gehabt!)
oder völlig abgestumpft oder einfach tot sein.
Ach ja, war da nicht auch noch Text? Und da der hübsch hin-
und herzappt, kann ich zusammensetzen:
Wir möchten
mit Ihnen über die Zukunft reden, und über die
Menschen, die sie gestalten.
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Wirklich? Die möchten also mit mir über die Zukunft
reden? Das ist spannend. Die Sache scheint auch dringend zu sein,
denn sonst würde diese Botschaft doch nicht mit einem derartigen
Spektakel verkündet. Also gut, Ihr Debisse, ich glaube es
Euch. Und ich bin beeindruckt, denn wer so viel unternimmt, um
mit mir über die Zukunft zu reden (nicht zu vergessen, die
Menschen, die sie gestalten), der will wirklich etwas von mir.
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Nachdem ich beim zweiten
Hinsehen den Text auf der Startseite gelesen habe, kommen mir allerdings
doch gewisse Zweifel:
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Weder Klaus Mangold noch einer der 27.000
Mitarbeiter des Mergers - was zur Hölle ist das? - der
weltweiten Finanzdienstleistungen aus den 184 Standorten in
den 35 Ländern scheint sonderlich kontaktfreudig. Immerhin
habe ich bei der Gelegenheit gelernt, dass Debis unter dem
Dach von DaimlerChrysler in dynamischen Zukunftsfeldern global
positioniert ist, und obendrein hochwertige Dienstleistungen,
erstklassige Unterstützung, branchenspezifisches Know-how
und ganzheitliche Lösungen sein eigen nennt. Achten Sie
besonders auf den zweiten Absatz. Er besteht aus einem einzigen
Fünfzig-Wort-Satz! So ein Exemplar ist außerhalb
der Werke von Hegel und Schopenhauer gar nicht leicht aufzutreiben. |
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Das war also nichts. Ich halte Ausschau irgendwo muss
es hier eine Gelegenheit geben, angeregt über die Zukunft
zu sprechen. Jobangebote, Foren, Diskussionen, Texte, Visionen,
interaktive Formulare, Kommunikation..... Da! Das Link auf der
oberen Navigationsleiste verspricht "Dialog".
Das muss es sein Huhuu! Debis! Ich komme!
Klick.
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Nanu? Von Zukunft und Menschen steht hier
kein Wort. Und die Sache sieht auch eher so aus, als ob ich
mit denen reden sollte, dabei wollten doch sie mit
mir? (Das meinten jedenfalls die roten Lippen auf der Startseite).
Ich habe aber - leider - keine Fragen, mein Bedarf an gerne
geschickten Geschäftsberichten ist bis auf weiteres gedeckt,
und auch das Angebot einer Online-Bestellung von Broschüren
lässt mich eher kalt. |
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Okay. Ihr wollt also anscheinend gar
nicht mit mir sprechen? Dann will ich jetzt mit Euch
sprechen, und zwar über mmh eine Versicherung!
Wer eine derart schlechte Kommunikation macht, hat bestimmt prima
"financial services". Ich mache mich also auf den Weg,
um etwas über erstklassige Unterstützungen, branchenspezifisches
Know-how und dynamische, zukunftsweisende Lösungen in Sachen
Haftpflichtversicherung zu erfahren...
Ein banales Vorhaben, das sich als schwieriger erweist, als ich
dachte. Ich möchte Ihnen die zeitraubenden Details ersparen,
auf der folgenden Grafik sehen Sie meine Odyssee durch das ganzheitliche
Informationsgestrüpp handlich zusammengefasst:
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Nach nur 4 Mausklicks bin ich anscheinend schon am Ziel. Ich
finde zwar nicht das, was ich eigentlich gesucht habe (Produktinformationen,
Preise, Konditionen), aber immerhin "meine" Ansprechpartner
(auf der Grafik unten rechts schön zu sehen). Prima! Vielleicht
kann ich mit denen dann sogar über die Zukunft reden, und
die Menschen, die sie gestalten?
Vier Mausklicks später ist meine Reise zu Ende, und ich
stehe mit dem Rücken zur Wand. Und auf die hat irgendjemand
die Telefonnummer der Debis-Niederlassung in Frankfurt geschrieben.
Wie sagt das Sprichwort?
Die
Berge kreißen...
..und
gebären eine Maus
"... nach acht Klicks mit derselben",
möchte man hinzufügen.
Was ich gesucht habe (nämlich
so triviale Dinge wie Produkt- und Preisinformationen), ist hier
nicht zu sehen - und auch sonst unauffindbar.
Jetzt würde ich aber wirklich
gerne mit Debis über die Zukunft reden.
Und noch ein Tipp: Unterlassen Sie
es, Slogans zu highlighten, die im Web eine ganz andere Brisanz
haben als in einer Print-Anzeige. "Sprechen Sie mit uns",
das ist in allen tradierten Medien völlig unverfänglich.
Kein Mensch kann mit einer Anzeigenwand, einem Prospekt, einem
Radio- oder einem Werbespot wirklich in einen "Dialog"
treten. Anders im Web, denn hier kann ich es sehr wohl, hier kann
ich das Geklingel beim Wort nehmen, hier ist die Distanz zwischen
der Aufforderung und dem Tun gleich Null, zumindest könnte
es so sein - und auf einer guten Website ist es auch so.
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