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Artikel 22 von 44
KommDesign.de — Galerie — schlechte Formulare

Das richtige am falschen Platz
 
Unsere Wahrnehmung neigt dazu, Dinge, die räumlich nahe beieinander liegen, als Einheit, Figur oder Gruppe zusammenzufassen. Eine der fundamentalsten Regeln im Screendesign lautet also: Gruppieren, was zusammengehört, trennen was nicht zusammengehört. So entstehen Oberflächen, die intuitiv verstanden und bedient werden können. Durch Trennungen und/oder räumliche Distanz zwischen funktionell zusammengehörigen Elementen wird Verwirrung geschaffen, die Benutzer müssen Naheliegendes suchen, sie werden in ihrem Handlungsfluß unterbrochen - und ärgern sich. Ein schönes Beispiel dafür, wie man dieses Prinzip verfehlen kann, ist die Engabemaske, mit der man früher die Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn befragen konnte.

Die obere Hälfte der Maske ist klar: man gibt die gesuchte Verbindung ein und wählt den Zeitpunkt. Lobenswert, ist, daß das heutige Datum gleich eingetragen wird und daß "morgen" mit einer einfachen Markierung eingestellt werden kann. Nur: Wo löse ich die Anfrage eigentlich aus? Auf der Grafik sehen Sie es, und es erscheint auch irgendwie logisch - wenn man es einmal weiß.
 

 
Fahrtplanauskunft Deutsche Bahn
 
Screenshot vom 23.01.99
 
 
Vielleicht wäre mir das gar nicht so sehr als schlechtes Design  aufgefallen, wenn ich nicht einmal zugesehen hätte, wie ein "dummer User" beim ersten Mal mit diesem Formular gearbeitet hat. Hierzu ein kleines, stark verkürztes Protokoll: 
  • Er gibt eifrig die Verbindungsdaten ein. 
  • Er glotzt eine Weile auf den Bildschirm.  
  • Er fragt (sich), was mit "zusätzliche Vias" gemeint sein könnte.  
  • Er scrollt bis zum Seitenende ("Vielleicht ist ja hier der vertraute 'Submit'-Button?").  
  • Er scrollt wieder nach oben ("Habe ich da etwas übersehen?")  
  • Er wundert sich darüber, daß eine "neue Anfrage" offensichtlich möglich ist (" ...dann muß es doch auch eine erste geben?") 
  • Er ärgert sich (Wortlaut nicht zitatfähig). 
  • Er versucht es probeweise mit einem Klick auf "Verbindung suchen" 
Bingo!

Wie kann ein anscheinend so einfaches System einem Benutzer Schwierigkeiten machen? Es gibt gleich mehrere Probleme:

  • Die große räumliche Distanz zwischen der Eingabe der Verbindungsdaten und dem Button für das Auslösen der Suche.  
  • Die horizontale Linie, die die beiden Bereiche optisch voneinander trennt. 
  • Die für Nichteingeweihte etwas uneindeutige Beschriftung des Buttons ("Verbindung suchen"), auch die Überschrift "Anfragefunktionen" macht die Sache nicht besser. 
  • Die Farben signalisieren, daß die untere Tabelle eine Reihe zusammengehöriger Optionen enthält, die mit dem oberen Eingabefeld nichts zu tun haben. 
Wenn man lange genug ausprobiert, das Prinzip einmal verstanden hat, kann man bestens mit der Maske umgehen. Nur ist dies eben nicht das Ziel von gutem Design. Ziel ist, Oberflächen anzubieten, die - man getraut es sich kaum auszusprechen - sich selbst erklären. Sie sollten so selbstverständlich und reibungslos funktionieren wie ein Reißverschluß oder ein Flaschenöffner. In unseren Beispiel hätte eine gut sichtbar im oberen Feld plazierte Taste mit dem Wort "Start" genügt.
 
 
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© Dr. Thomas Wirth Kommunikationsdesign - eMail: thomas.wirth@kommdesign.de
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